Wir hoffen, dass Ihnen dieser Beitrag von Iris Hansche, BA gefallen wird! Sie studierte Geographie an der Alpen Adria Universität in Klagenfurt und verbrachte ein Semester ihres Studiums in Island.

Seit dem Beginn meines Studiums der Geographie an der Alpen Adria Universität in Klagenfurt hegte ich den tiefen Wunsch, ein Semester meines Studiums im Ausland verbringen zu dürfen. Wobei ich sogleich hinzufügen muss, dass der Reiz solch ein Abenteuer anzutreten nicht nur akademischer Natur war – ebenso beteiligt war der in mir seit Kindestagen wohnhafte – manchmal mehr manchmal weniger präsente – humboldtsche Expeditionsgeist, welchem die Vorstellung für ein halbes Jahr voll und ganz in eine fremde Kultur und Natur mit all ihren Eigenheiten und Besonderheiten eintauchen zu dürfen – höherleben ließ.

Die große und wegweisende Frage nach der passenden ausländischen Universität war in meinem Fall nicht schwer zu beantworten. Dies liegt in der Tatsache begründet, dass seit jeher meine Leidenschaft sowie mein Studienschwerpunkt im Bereich der Glaziologie und ihrem so umfangreichen Themengebiet lag. Wenn man sich auf einer wissenschaftlichen Basis mit diesem Themengebiet auseinandersetzt, stolpert man früher oder später über die vielen wissenschaftlichen Abhandlungen und Errungenschaften des Institute of Earth Sciences der University of Iceland. Dieses Institut ist weltweit insbesondere durch die Forschung im Bereich Vulkanologie und der mit dieser Thematik in Island engverbundenen Glaziologie bekannt geworden. Wichtige Namen wie Ólafur Ingólfsson, Eyjólfur Magnússon, Helgi Björnsson sowie Hreggviður Norðdahl sollten hier ehrenhalber genannt werden. Aufgrund dessen beschloss ich noch relativ zu Beginn meines Studiums – sollte es mir ermöglicht werden – dass mich mein Auslandsemester nach Island führen wird.

Man kann sich denken, dass die Freude grenzenlos war, als mich per E-Mail die Nachricht über die Genehmigung meines ERASMUS-Antrages erreichte. Nur wenige planungs- und arbeitsintensive Monate vergingen, bevor mein isländisches Abenteuer begann. Es war ein bewegender Moment, als ich am 1. Januar 2015 um 15:30 in Keflavik bei Schnee, Wind und bereits einsetzender Dämmerung aus dem Flieger stieg. Wie lange hatte ich auf diesen Moment gewartet, wie lange auf ihn hingearbeitet und gefiebert – nun war er endlich da und das Gefühl, dass eine ereignisreiche und spannende Zeit auf mich wartete – erwachte in mir und erfüllte mich mit unbändiger Freude.

Ich muss hier kurz erwähnen, dass viele Menschen mir den Weg nach Island geebnet haben und so manche unüberwindbar erscheinende Hürde konnte dank der Unterstützung lieber Menschen genommen werden. Einer dieser wunderbaren Menschen war Helene Dostal, sie stand während meines gesamten Islandaufenthaltes unterstützend hinter mir. So verhalf sie mir unter anderem zu einer Unterkunft bei ihrer in Island lebenden Schwester Maria. Maria, eine ruhige ältere Dame mit wachen und freundlichen Augen empfing mich am Flughafen und brachte mich zu dem Platz namens Kópavogur, welcher für die nächsten fünf Monate mein Zuhause sein sollte.

Am 5. 1. 2015 war es dann soweit: mein Semester an der University of Iceland begann. Insgesamt besuchte ich vier Lehrveranstaltungen: Glaciology, Glacial Geology, Winter-mountaineering und Region and culture. „Glaciology“ behandelte vor allem die physikalischen Prozesse in und um Gletscher (wie die Glazialmechanik, -thermik, -deformation und -hydrologie). Ebenso wurde der Teil des fünften IPPC (Intergovernmental Panel on Climate Change) Report intensiv behandelt, welcher sich mit den durch den Klimawandel verursachten Veränderungen der Kryosphäre auseinandersetzt. Dieser Report wird vom Weltklimarat verfasst – einer zwischenstaatlichen Institution – in welchem vor allem die Risiken der globalen Erwärmung beurteilt, sowie Vermeidungs- und Anpassungsstrategien zusammengetragen werden. Ein interessantes wie wichtiges Thema in der modernen Glaziologie. In der Lehrveranstaltung „Glacial Geology“ behandelten wir hingegen hauptsächlich die geologischen Prozesse und Formen im Rahmen der Glaziologie (Erosionsmechanismen, Sedimentablagerung, Sedimentzusammensetzung, Datengenerierung).

Ein Kontrastprogramm zu diesen naturwissenschaftlichen Kursen stellte „Region and Culture“ dar. Ein eher humangeographisch orientierter Kurs, welcher mir aber interessante Einblicke in die „isländische Street Art“ Welt bot. So bestand der Kurs zum Einen aus einem theoretischen Teil, welcher sich mit diversen Paradigmenwechseln, Ansätzen und Anschauungen in der Kulturgeographie beschäftigte und zum Anderen aus einem praktischen Teil. Die Aufgabe des praktischen Teils war es – in Gruppen von zwei Personen – ein Projekt zu wählen, welches sich mit Street-Art in Reykjavik befasst. Mein isländischer Projektpartner und ich beschlossen den historischen Hintergrund der Murals – eine ästhetischen Form des Street Art – in Reykjavik aufzuarbeiten. Die Krönung dieses Kurses war die Ausstellung am Ende dieser Lehrveranstaltung – wo jede Gruppe ihr Projekt präsentierte. Unser Thema wurde in Form eines Films präsentiert.

Ein Kurs, welchem ich besonders entgegenfieberte war „wintermountaineering“. Worte wie „avalanche training“, „glacier travel and crevasse rescue“, „ice climbing“, „winter camping“ klangen genau nach dem Abenteuer und Wissen, welches ich suchte. Und genau so kam es dann auch, zunächst wurden uns die theoretischen Grundlagen in der sicheren Umgebung der Universität beigebracht und dann – der wesentlich spannendere Teil – in den windigen unbeständigen und wilden isländischen Bergen praktisch umgesetzt.

Hierbei ist mir besonders ein Ausflug lebendig in Erinnerung geblieben: wir marschierten fünf Stunden mit vollem Gepäck auf einen Berg nahe des Tindfjallajökull – ein Gletscher welcher gegenüber des seit 2010 berühmten und von Fernsehmoderatoren aufgrund seiner linguistischen Eigenheiten verwunschenen – Eyjafjallajökull liegt. Dort schlugen wir für drei Nächte unser Base-Camp auf. Von hier aus unternahmen wir Lehrausflüge in die nahegelegene Bergwelt um „avalanche training“ und „save glacier travel“ zu erlernen. Wir hatten wunderschönen Sonnenschein, es war außergewöhnlich windstill für Island und außer unseren Spuren fehlten jegliche Zeichen menschlicher Existenz. Eine Winter-Märchenwelt tat sich jeden Tag von Neuem vor uns auf, welche so unendlich und unberührt erschien – wie man sie normalerweise nur in den menschenfeindlichen Gebieten der Antarktis oder Arktis vermutet.

Die freie Zeit war zwar spärlich, aber diese wurde dann umso intensiver für diverse Erkundungsfahrten in die isländische Natur genutzt. Zunächst war dies etwas schwierig aufgrund der unzähligen und starken Stürme während des Winters, welche immer wieder das Verlassen der sicheren vier Wände vereitelten. Aber ab und zu war der isländische Wettergott gnädig und erlaubte mir die Umsetzung vieler schöner Ausflüge in die eigenwillige Natur dieses Landes. Ob kürzere Wandertouren in Bláfjöll, Heiðmörk, Reykjanesfólkvangur, Mosfellsbær oder längere im Bereich des Snæfellsjökull, Vestfirðir, Akureyri, Vatnajökull, Vestmannaeyjar oder Þórsmörk. Die Distanzen zu den einzelnen Ausflugszielen wurden ausschließlich per Anhalter überwunden. Dieses kleine Detail gewährte mir einen besonderen Einblick in die isländische Bevölkerung. In einer solch speziellen zwischenmenschlichen Situation bekommt man die Chance, Isländer (aber auch Touristen) nach ihrem Leben, Einstellungen, Traditionen, Problemen oder Ansichten zu befragen – und bekommt als Resultat so manch erstaunliche Geschichte zu hören. Nicht selten kommt es vor, dass man von Isländern anschließend zum Essen nach Hause, einer Portion Stockfisch, exklusivem Whale-watching auf privatem Boot oder Lämmchen streicheln eingeladen wird. So kann ich mit Überzeugung sagen, dass mir das isländische Volk als sehr warmherzig, hilfsbereit und gastfreundlich in Erinnerung bleiben wird.

Wieder zurück: in den gewohnten Gefilden Klagenfurts blicke ich gerne auf all´ diese wunderbaren Abenteuer voll Dankbarkeit zurück. Sie haben mein Leben ungemein bereichert und mir auf eine besondere Art und Weise einen Einblick in eine außergewöhnlich so wie wunderbare Kultur und Natur ermöglicht.

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